Fleischlose Ernährung schont das Klima

Am 15. Januar 2021 traf sich die Klima-Enquete Bremen zur 9. Sitzung – selbstverständlich online, aber hoch motiviert. Auf der Tagesordnung standen diverse Themen rund um das Thema „Nachhaltiger Konsum“, darunter die Bedeutung fleischfreier Ernährung für den Klimawandel. 

Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Klima ist natürlich keine neue Erkenntnis. Seit einigen Jahren wird zunehmend über die Auswirkung eines hohen Fleischkonsums auf unsere Umwelt diskutiert – auch öffentlich. Denn das Thema Ernährung ist für die meisten von uns alltäglich. Dabei spielen zwei Strömungen eine wichtige Rolle: einerseits wächst das Bewusstsein darüber, dass (übermäßiger) Fleischkonsum das Klima negativ beeinflusst. Andererseits gilt Ernährung als ein sehr persönliches Thema. Dadurch stößt die Kritik am Fleischkonsum immer wieder auf Ablehnung, da sie mit einer scheinbaren Bevormundung in Verbindung gebracht wird. 

Da die Frage, OB sich unser Verhältnis zu Fleisch auf das Klima auswirkt jedoch nicht mehr im Raum stehen kann, befasste sich die Enquetekommission vorrangig mit den möglichen Ansätzen für nachhaltigere Ernährung, bekannten Stellschrauben und sinnvollen Alltagspraktiken. 

Behandelt wurden folgende TOPs:

  • Klimaschutz und nachhaltigere Ernährung (Sonja Pannenbecker, Verbraucherzentrale Bremen)
  • Nachhaltigere Ernährung und deren Stellschrauben (Prof. Dr. Jana Rückert-John, Hochschule Fulda)
  • Instrumente zur Vermeidung und Reduzierung von Lebensmittelabfällen (Torsten von Borstel, Geschäftsführer United Against Waste e. V.)
  1. Klimaschutz und nachhaltigere Ernährung

Im Impuls-Vortrag von Sonja Pannenbecker ging es zunächst um die gesundheitlichen Folgen eines übermäßigen Fleischkonsums. Wissenschaftler*inne*n gehen inzwischen vermehrt davon aus, dass der Verzehr von Fleisch sich auf die Zahl der offiziell übergewichtigen Menschen auswirkt – nicht nur in Deutschland. Dem DGE-Ernährungsbericht zufolge entstanden zwischen 2008 und 2012 über 60 Milliarden Euro Gesundheitskosten durch Adipositas – jährlich! Die Tierrechtsorganisation „Tier im Fokus“ bestätigt: „Es gilt als erwiesen, dass ein erhöhter Verzehr von gesättigten Fettsäuren, die primär aus tierlichen Produkten stammen, mit Übergewicht assoziiert ist.“

Ein Team aus Expert*inn*en hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Plan zu entwickeln, nach dem eine gesunde Ernährung für alle Menschen möglich ist, ohne dass die Erde dabei zerstört wird. Dieser Plan trägt den Namen „Planetary Health Diet“ – ein Plan für den gesamten Planeten Erde also. 

Im Vergleich zur aktuellen deutschen Ernährung wird eine dringend notwendige Änderung deutlich: Pflanzen statt Fleisch muss die Devise lauten! Nur ein Zehntel des aktuellen täglichen Fleischkonsums der Deutschen wäre den Wissenschaftler*inne*n zufolge vertretbar, wenn wir nicht nur auf unsere, sondern auch auf die Gesundheit unserer Erde bedacht sein wollen. Falls ihr euch näher mit dem Thema befassen wollt, könnt ihr beispielsweise einen Blick in den Kompass Ernährung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) werfen.

Der Verein „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“ schlägt eine ähnliche Verteilung der Nahrungsmittelgruppen vor. Wie auch bei der Planetary Health Diet wird gruppiert nach:

  • Getreide
  • Kartoffeln
  • Gemüse/Hülsenfrüchte
  • Obst
  • Nüsse
  • Fleisch
  • Fisch
  • Eier
  • Milch(-produkte)
  • Öle
  • Butter, Schmalz, Palmfett
  • Süßungsmittel inkl. Zucker

Es fallen allerdings zwei markante Unterschiede auf. Während ungefähr 50% der Ernährung nach dem Planetary-Health-Diet-Modell aus Obst und Gemüse bestehen sollten, empfiehlt der DGE eine deutlich stärkere Einbindung von Kartoffeln, um eine vollwertige Ernährung zu erreichen. Darüber hinaus sind hier weniger Nüsse, dafür aber mehr Fette in Form von Butter oder Schmalz vorgesehen.

Spannend für die Klimaschutzstrategie wird es, wenn wir die Treibhausgasemissionen verschiedener Diäten vergleichen. Das BMEL bestätigte schon 2016, dass eine vegane Ernährung beispielsweise eine noch deutlich geringere Ausstoßmenge hätte als die DGE-Diät, die oben besprochen wurde. 

Nichtsdestotrotz ist es eben wichtig, die Welt nicht schwarz-weiß zu sehen, sondern für Kompromisslösungen offen zu sein. Und einen Kompromiss für 83 Millionen Menschen zu finden geht nun mal leider nicht von heute auf morgen. Könnte die Unterzeichnung der Mailänder Erklärung ein Schritt in die richtige Richtung sein?

Sonja Pannenbeckers Appell an die Enquete-Kommission: „Nutzen Sie die Chancen und schaffen Sie die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Ernährungspolitik in Bremen, sehen Sie die Verantwortung von Bremen eine faire Ernährungsumgebung zu schaffen und das Thema fest in der Verwaltung zu verankern.“

  1. Nachhaltigere Ernährung und deren Stellschrauben

Nachhaltigere Ernährung ist nicht einfach nur ein alleinstehendes Thema, auch wenn es in öffentlichen Diskursen ab und zu so dargestellt wird. Tatsächlich müssen jedoch mehrere Faktoren zusammenspielen, um letztlich in einer nachhaltigeren Ernährung zu münden. Die vier Säulen, auf denen dieses Ziel nach Ansicht von Jana Rückert-John steht, sind:

  • Gesundheit: Eine gesundheitsfördernde Ernährung, die zu einer höheren Lebenserwartung, mehr gesunden Lebensjahren und mehr Wohlbefinden für alle beiträgt
  • Soziales: Eine Ernährung, die soziale Mindeststandards entlang von Wertschöpfungsketten gewährleistet
  • Tierwohl: Eine Ernährung, die mehr Tierwohl unterstützt und damit den sich wandelnden ethischen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht wird
  • Umwelt: Eine umwelt- und klimaschützende Ernährung, die zu den mittel- und langfristigen Nachhaltigkeitszielen Deutschlands passt

Als studierte Soziologin wirft sie auch einen Blick auf die sozialen Hintergründe der Menschen und welchen Einfluss diese auf ihre Ernährung haben. Der Enquete-Kommission stellte sie aber vor allem acht konkrete Stellschrauben vor, an denen nicht zuletzt von Politiker*innen gedreht werden kann. Besonders spannend: Sie bezeichnete sie sogar als Lösungsansätze.

Was können wir tun?
Potential liegt in den verschiedensten Ansätzen: Sei es ein Systemwechsel in der KiTa- und Schulverpflegung, die Nutzung von Preisanreizen oder auch die Bereitstellung von Informationen.

Wichtig ist jedoch ein gemeinsamer Kern: Integrierte Politik für eine nachhaltigere Ernährung! Daraus können dann Maßnahmen erwachsen, die dringend nötig sind, wenn wir in Sachen Nachhaltigkeit etwas bewirken wollen. Konkret bedeutet das:

  • Es muss einen Ernährungswandel geben, wie er auch in der Planetary Health Diet beschrieben wird
  • Es muss eine Regionalisierung von Ernährungssystemen vorgenommen werden
    • Allerdings nicht per se. Weshalb es auch hier Ausnahmen gibt, behandle ich in einem anderen Blog-Beitrag
  • Es muss auf ökologische Produkte gesetzt werden, die auch Öko-Qualität haben
  • Es muss über Gemeinschaftsverpflegung als Basis großer Potenziale für nachhaltige Ernährung gesprochen werden

Entscheidend für alle Lösungsansätze ist aber die Neuausrichtung der Ernährungspolitik und der Mitwirkungswille eines jeden Mitmenschen, der die nachlassende Gesundheit unseres Planeten fördern möchte.

Als Bürgerschaftsabgeordneter setze ich mich vor Ort in Bremerhaven für Foodsharing ein. Die Initiative bringt viele junge Menschen in Bremerhaven zusammen, die auf Wochenmärkten und ausgewählten Bäckereien und Supermärkten abgelaufene Lebensmittel sichern und an Bedürftige in Bremerhaven Lehe verschenken. Bei diesen “Einsätzen” werden mehrerer Wäschekörbe voller frischer Lebensmittel gesichert, die sonst, zu Unrecht, in der Mülltonne landen würden.

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