Grün in der Stadt hilft allen

Grün in der Stadt verbessert die Lebensqualität – nachweislich! Diverse psychologische Studien der letzten Jahre belegen diese Behauptung. Pflanzen verschönern nicht nur graue Betonlandschaften, sie erfüllen auch eine Reihe nützlicher Funktionen. Schon in der Schule lernen wir, dass wir sie brauchen, weil sie Schadstoffe filtern und Sauerstoff produzieren. Außerdem sind Bäume wunderbare Schattenspender und senken das Stresslevel durch ihre bloße Anwesenheit. Ein grüner Ausblick aus einem Krankenhausfenster beeinflusst sogar die Genesung der Patientin/des Patienten positiv. 

Und trotzdem lassen wir es immer wieder zu, dass diese kleinen und großen Geschenke der Natur regelmäßig einem Gemisch aus Gesteinskörnung und wahlweise Zement oder Bitumen weichen müssen. Die Rede ist von Beton und Asphalt. Wie das schon klingt, „Beton“! Hart, undurchdringlich und irgendwie – unnatürlich. Es entstehen immer mehr Parkplätze, große Straßen oder Betriebsflächen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat einen Vergleich des Anteils der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche Deutschlands angestellt. Parkplätze, Straßen und Betriebsflächen sind sogenannte versiegelte Flächen, es kann also kein Niederschlag mehr in sie eindringen, sodass viele natürliche Prozesse auf unnatürliche Weise verhindert werden. Ihnen gegenüber stehen die unversiegelten Flächen, beispielsweise Rasen, Kies oder Natursteinpflaster, da sich dort die Vegetation weiterhin entwickeln kann. Dass sie dann oftmals von einem Multigas-Unkrautvernichter daran gehindert wird, ehe sie die 2-cm-Marke erreicht hat, ist ein anderes Thema. Den Berechnungen des UBA zufolge, zeigt sich das Missverhältnis zwischen Siedlungs- und Verkehrsfläche zur Gesamtfläche am deutlichsten in den drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Das ist nicht verwunderlich. Doch dass in allen drei Fällen die versiegelten Flächen bereits rund 30% (in Berlin sogar 36%) betragen, ist ein nicht vertretbarer Trend! 

Warum nicht vertretbar? Es ist doch ganz normal, dass eine wachsende Stadt mehr Verkehrsflächen benötigt – und wir wollen doch wachsen, oder?

Wachstum um jeden Preis – eine wiederkehrende Kurzsichtigkeit. Seit Jahren – ach, Jahrzehnten –  setzen wir GRÜNE uns dafür ein, dass über schädliches Wachstum diskutiert wird. Doch dazu mehr in einem anderen Beitrag. Ich möchte keine Grundsatzdiskussion an einer Stelle führen, an der die Handlung so klar von der Natur vorgegeben ist. Aber packen wir das Problem doch bei der Wurzel: Immer wieder wird die Bedeutung von Grün in der Stadt klein geredet.

Während meiner vierjährigen Tätigkeit als Stadtrat für Gartenbau habe ich wiederholt die Daseinsberechtigung des Amtes und seiner Arbeit verteidigen. Das Gartenbauamt bündelt viele Maßnahmen für Grünflächen und wichtige Freiflächen, wie Spielplätze und Friedhöfe. Der Baumschutz, die klimaangepasste Baumauswahl sowie die Ausdehnung von Wildblumenwiesen ist von besonderer Bedeutung. Daher habe ich Schwerpunkte bei den Pflanzungen, sowie im Straßenbegleitgrün, etwa an der Elbestraße, der Rickmersstraße sowie der Borriesstraße gesetzt.

Diese Projekte konnten nur umgesetzt werden, weil der Mehrwert eines Gartenbauamtes in Bremerhaven erkannt wird. Eine grüne Infrastruktur braucht planerische und bauliche Kompetenzen, die Hand in Hand agieren. Es gibt zahlreiche Kommunen, in denen die Pflege und die Planung von Grünflächen unabhängig voneinander gesteuert wird – oder eher: gesteuert werden soll. Denn nicht selten tragen diese weit verstreuten (metaphorischen) Bäume wenige Früchte. In Bremerhaven hingegen sitzen diese elementaren Kompetenzbereiche unter einem Dach – in der Eckernfeldstraße 5. Und das hat eine direkte Auswirkung auf Mensch und Pflanze.

Flora

Für Stadt-Bäume ist es enorm wichtig, dass sie so artgerecht wie möglich gehalten werden. Das mag nach einer Vertierlichung klingen, doch tatsächlich gibt es Studien, die belegen, dass auch Bäume „Herdentiere“ sind. Wann immer möglich, sollte daher kein Baum alleine stehen müssen. In Bremerhaven kommt erschwerend hinzu, dass vielerorts Lehmboden das Erdreich bildet. Durch diese Bodenart dringt nur wenig Wasser. Ein entsprechender Aushub und das Versetzen des Pflanzkörpers mit dem passenden Humus helfen den jungen Bäumen dauerhaft Wurzeln zu schlagen. Besonders gut geeignet sind laut Testergebnissen der Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) unter anderem Purpurerlen, Scheinakazien, Zerreichen und amerikanische Stadtlinden. Die Stadtlinde, wie der Name schon vermuten lässt, wurde eigens für das Stadtklima aus der Winterlinde gezüchtet und ist ideal für die Bepflanzung von städtischen Grünflächen geeignet. 

Fauna ohne opponierbaren Daumen

Für unsere heimische Tierwelt ist auch der Erhalt unserer heimischen Bäume wichtig – überlebenswichtig sogar. Vor allem der Erhalt alter Baumbestände auf Spielplätzen und Friedhöfen wurde als wesentlicher Bestandteil zum Erhalt der Biodiversität erkannt. Leider sehen diese Notwendigkeit nicht alle Vertreter*innen der politischen Landschaft Bremerhavens und so werden in unregelmäßigen Abständen immer wieder Abholzungspläne vorgelegt, die von einigen Parteien unterstützt werden.

Fauna mit opponierbarem Daumen

Die eingangs erwähnten versiegelten Flächen haben einen unmittelbaren Effekt auf uns Menschen: Hitze! Die undurchlässigen Beton- und Asphaltlandschaften heizen sich im Sommer enorm auf und steigern die ohnehin besorgniserregenden Temperaturentwicklungen noch weiter. Das Ziel muss daher ganz klar sein, das Stadtklima zu regulieren und Oasen zu gestalten, die der Bevölkerung als Wohlfühlorte dienen. Das Konzept von Grün in der Stadt denkt die Stadt vom Menschen her. Lebenswert und einladend soll sie daher sein.

Deswegen ist Grün in der Stadt kein Projekt, das eine kleine Minderheit für das Gros der Bevölkerung einfach entscheidet. Vielmehr muss das Thema in den Stadtteilkonferenzen angesprochen werden. Denn sehr viele Menschen haben eigenen Vorstellungen davon, wie mehr Grün in der Stadt umgesetzt werden kann. Und ganz ehrlich: Bei einem so umfassend wichtigen Thema gibt es nicht zu viele Meinungen!

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