Lloydwerft-Debatte

Wer die Werften aufgibt, lässt auch die Menschen und das Klima im Stich

164 Jahre ist sie alt – die Lloyd Werft in Bremerhaven hat wirklich schon einiges miterlebt. Doch nun? Alles aus? Nur, wenn wir es bereitwillig zulassen!

Doch von Anfang an: Seit 1857 steht die Lloyd Werft Bremerhaven für
Zuverlässigkeit und Qualität. Seit ihren Anfängen als Werkstatt der Reederei Norddeutscher Lloyd (NDL) hat sie sich auf den Umbau und Neubau von Passagierschiffen, Prototypen und exklusiven Mega-Yachten spezialisiert. Für den Standort Bremerhaven bedeutet das neben einer internationalen Bekanntheit auch 300 Arbeitsplätze – die nun wegfallen sollen. Denn die Pandemie trifft natürlich auch die deutschen Werften hart: Schiffsbestellungen werden verschoben oder aufgekündigt, neue Aufträge bleiben aus. Das gilt auch für die Lloyd Werft. Das Risiko ist nun, dass die umfassenden schiffsbaulichen Kompetenzen –  von der Entwicklung und Planung über den Bau bis zur Instandhaltung – künftig nicht mehr in Bremerhaven zu finden sein werden. Das können wir so nicht geschehen lassen! Und eine Lösung ist sogar greifbar!

Bisher konnte die Lloyd Werft durch den Auftrag für die Solaris Yacht gut durch die Pandemie kommen. Allerdings ist die Werft mit diesem Großauftrag nur noch bis Ende des Jahres ausgelastet. Zudem ist der Genting Group, zu dem die Lloyd Werft gehört, mit 3,4 Milliarden Euro verschuldet. Daher erscheint es zunächst naheliegend, dass die Werft nun verkauft werden soll. Doch damit würden auch die Angestellten in eine ungewisse Zukunft entlassen – und das ist besorgniserregend. 

In der 22. Sitzung der Bremischen Bürgerschaft habe ich deswegen stellvertretend für die Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen gefordert, dass die Schiffbaukompetenz erhalten und die Arbeitsplätze gesichert werden. Was auf den ersten Blick nach einer leeren Forderung klingt, kommt mit konkreten Lösungsvorschlägen daher: 

Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren Wirtschaftsstabilisierungsfonds endlich auf die antragstellenden deutschen Werften anzuwenden!

Außerdem verlangen wir, dass die Lloyd Werft auch dann Hilfe aus dem Fonds erhält, wenn sie in der Zwischenzeit den Besitzer wechselt. An diesen Hindernissen darf die Zukunft der Werft nicht scheitern! Es ist daher die Aufgabe unserer Senatorin für Wirtschaft und Häfen, Claudia Schilling, diese Hilfen im Bremischen Interesse von der Bundesregierung einzufordern. 

Selbstverständlich möchte ich damit keine „Bremen first“-Kampagne starten. Ebenfalls betroffene Regionen sind das Emsland, Rostock, Stralsund und Wismar. Kann es denn sein, dass die Bundesregierung kein Interesse daran hat, diese industriellen Zentren in ansonsten strukturschwachen Regionen zu sichern? Das können und wollen wir so nicht glauben. 

Nun werden einige Fachkundige unter Ihnen und euch sagen, dass die Bundesregierung das Thema ja nicht ignoriert. Allerdings muss einfach mehr für die Werften getan werden, als ein Sanierungskonzept von Genting einzufordern. Die gleichzeitige Vorfestlegung der Bundesregierung, dass in Mecklenburg-Vorpommern 1200 Stellen abgebaut werden müssen, ist für die Menschen vor Ort ein Schlag ins Gesicht.

Dabei hat der Bund klare Ziele zur Sanierung der deutschen Flotte als Hilfe für die Werftstandorte benannt. Er sollte im Rahmen der vergaberechtlichen Möglichkeiten darauf hinwirken, dass die genannten Standorte durch Aufträge gestärkt werden. 

Die Ziele zur Flottenertüchtigung sowie das Programm „Saubere Schifffahrt“ müssen von der Bundesregierung genutzt werden, um die Werftstandorte durch die Krise zu bringen. Jetzt weiter abzuwarten wäre fatal für die maritime Infrastruktur Deutschlands.

Die Lloyd Werft und die Werften anderer Standorte, die unter den Stabilisierungsfonds wollen, sind mit innovativen Antriebssystemen in der Lage bedeutende Beiträge zur Senkung der weltweiten Schiffsemissionen zu leisten. Die Herausforderungen zur CO2-Senkung im Schiffsbereich sind riesig. Auf europäischer Ebene hat man das erkannt: Insbesondere durch Druck der Grünen hat das Europäische Parlament beschlossen, dass die Schifffahrt in das Europäische Emissionshandelssystem aufgenommen werden soll. Es hat zudem das Ziel verabschiedet, bis 2030 – also in nur 8 Jahren – 40% der Emissionen in der EU Seeschifffahrt einzusparen. Das zwingt zu Investitionen in klimafreundliche Schiffe – und diese wiederum könnten unter anderem auf der Lloyd Werft in Bremerhaven entstehen, einer Werft, die mit ihren Kompetenzen im Spezialschiffbau und im Klimaschutz glänzt. 

Unsere Forderung hat also nicht nur den sozialen Aspekt der Arbeitsplatzerhaltung, sie fördert auch langfristig die Erreichung der klimaneutralen Häfen. Schon mehrfach haben die deutschen Werften von der Bundesregierung ein Flottenprogramm gefordert, das die CO2-Emissionssenkung und die Instandhaltung der deutschen Flotte vereint. Es liegt auf der Hand: Diese Idee sollte im Sinne der wirtschaftlichen Stabilisierung des deutschen Schiffbaus und der ökologischen Transformation der Schifffahrt weiterverfolgt werden. 

Starke Projekte, die bereits gute Ansätze der maritimen Antriebswende verfolgen, fördert die Rot-Grün-Rote Koalition in Bremen schon. Dazu gehören der INNO-Segler und maritime Wasserstoffanwendung. Diese klimafreundliche Forschungsausrichtung braucht deutsche Werften, wie die Lloyd Werft, um umweltdienliche Konzepte umsetzen zu können. Daher sind die Werften in Deutschland ebenso systemrelevant wie die deutschen Häfen.

Für die Lloyd Werft und ihre 300 Beschäftigten sowie die Zulieferer geht es um eine klare Perspektive. Natürlich wäre ein Verkauf – raus aus dem kriselnden Genting-Konzern –  für uns Grüne der wünschenswerte Fall. Gleichzeitig muss die Bundesregierung aber ihren Ankündigungen auch Taten folgen lassen: Das Land Bremen braucht starke und innovative Werften für die Zukunft unserer maritimen Wirtschaft. 

Es bleibt also dabei: Die Bundesregierung muss Verantwortungsbewusstsein zeigen und die Lloyd Werft in den Wirtschaftsstabilisierungsfonds aufnehmen.

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